- Köln hat seinen (wegen Corona schon Ersatz-)Rosenmontagsumzug nun wegen des Kriegs in der Ukraine komplett abgesagt, wie der Express berichtet.
- Die Schokoladenmarke M&M’s launcht mit Comedienne Enissa Amani als Partnerin das Projekt Open Mic. Dabei sollen “drei Newcomer aus der Stand-up-Comedy eine Bühne bekommen” (Hintergrund bei Horizont). Nicht nur weil z.B. “Newcomer” Salim Samatou schon auf Netflix und regelmäßig im TV zu sehen ist, hat das Projekt, wie ich finde, einen faden Beigeschmack. Die Motivation für M&M’s dürfte weniger in der Förderung von “Verantwortung, Diversität und Inklusion” bestehen (weil dann wären Engagement gegen Kinderarbeit und für faire Lieferketten die Mittel der Wahl), sondern eher in der Tatsache, dass Stand-up “zu den am häufigsten konsumierten Online-Inhalten” gehört (PR-Artikel bei merkur.de). Auch die Stand-up-Szene fördert man so nicht. Ich werde demnächst ausführlicher auf das Thema eingehen.
- In den USA gibt’s die Dokuserie über Bill Cosby zu sehen: We Need to Talk About Cosby, und zwar beim Streamer Showtime. Mir ist es noch nicht gelungen, das Geoblocking zu umgehen (nicht dass ich es versucht hätte, hust). Beim Deutschlandfunk gibts eine kurze Besprechung, tiefer geht das Interview mit Schöpfer Walter Kamau Bell bei Slate.
- Der Hessische Rundfunk zeigt die dreiteilige Doku Die Macht der Satire (hier im Newsletter Thema), Dominic Harapat rezensiert für die Frankfurter Rundschau auch die Teile zwei und drei lesenswert: “Wenn [Harald Schmidt] heute nicht mehr geht, dann frage ich mich allerdings, was ‘Nuhr im Ersten’ jetzt großartig davon unterscheidet.”
- Das Edinburgher Fringe Festival hat eine interne Untersuchung über Probleme und Hemmnisse für Comedians und Veranstalter angestellt. Der vorläufige Bericht der Steuerungsgruppe (hach, Bürokratie) ist mit neun Seiten zwar etwas dünn, liest sich aber vielversprechend. Fehlende Transparenz, zu viel Wachstum, schlechte Organisation – es ist ja nie verkehrt, den Blick auf die eigenen Defizite zu richten. (Die Lektüre lohnt sich, falls jemand ein Comedyfestival ins Leben rufen möchte.)
- Lauren Vinopal porträtiert beim Mel Magazine den US-amerikanischen Comedian Shane Mauss. Der saß vor sechs Jahren noch in Joe Rogans Podcast und sprach dort intensiv über Drogen. Dann schlug er die gegensätzliche Richtung zu Rogan ein, startete den Wissenschaftspodcast Here We Are und schreibt gegen die Falschinformationen an, die Rogan verbreitet. “I don’t really even care about comedy anymore”, sagt Mauss und hat zumindest das noch mit Rogan gemein.
SPECIAL-EMPFEHLUNG: Morgan Murphy: Irish Goodbye (2014)
Der Fluch der Specials aus der jüngeren Vergangenheit: Man erinnert sich selbst noch gut an die Referenzpunkte, sodass die Witze alt wirken. Aber dafür kann Morgan Murphy natürlich nichts. Irish Goodbye strotzt vor Ideen und kleinen Erfindungen, die im Gedächtnis bleiben, von woo girls, über Romantikkomödien, hin zu einem Bit über die Fehlauffassung, dass Comedians immer “the funny guy in the office” sind.
- Das ehemalige SNL-Castmitglied Horatio Sanz ist wegen grooming und Missbrauch einer Minderjährigen angeklagt. (Hier im Newsletter Thema) Nun hat Laura Bradley für Daily Beast mit der Klägerin gesprochen und einer weiteren Frau, die die Vorwürfe gegen Sanz bestätigt und erweitert. Hinter allem steht drohend die Frage, was andere Kolleg:innen – allen voran Sanz’ damaliger Büropartner Jimmy Fallon – wussten, sahen oder verschwiegen.
- Korrektur zur letzten Ausgabe: Die Sendung, die Till Reiners übernimmt, heißt nicht Happy Hour, wie ich augenzwinkernd recherchelos behauptet habe, sondern tatsächlich Till Reiners’ Happy Hour, wie der Comedian auf Facebook mitteilt.
- Jason Zinoman schreibt in der New York Times über jüdischen Humor, Humor von Juden und vor allem, wie es ist, als jüdischer Kritiker Humor von Juden über Juden zu rezipieren. Dabei räumt er mit einigen Vorurteilen auf, wie dem, dass Juden in der Unterhaltungsindustrie allgegenwärtig seien.
- Die US-Comedienne Ali Wong hat ein neues Netflix-Special (Don Wong), das Kathryn Van Arendonk bei Vulture bespricht. Die Rezension geht besonders auf Wongs Hadern mit dem Verlust ihrer relatability ein, was mit Erfolg und Reichtum ja irgendwie immer einhergeht, aber gerade für Stand-up-Comedians zum ästhetischen Problem wird. Es ist ein Kreuz mit diesem Erfolg.
Schautipp: Sternstunde Philosophie
Sternstunde Philosphie ist eine Sendung im Schweizer Sender SRF, bei der nicht unbedingt Philosophie im Fokus steht, auf jeden Fall aber das Gespräch. In diesem Fall mit Stand-up-Comedian Felix Lobrecht. Und wenn es auch nicht ohne das obligatorisch überflüssige Segment über cancel culture auskommt, ist es angenehm, dass Lobrecht keine talking points abspult wie TV-Dauergäste oder Comedylaberer der 90er. Hier geht’s zum Video
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