- Arte zeigt übrigens schon seit einigen Monaten in der Mediathek Diener des Volkes, die Comedyserie, in der Wolodymyr Selenskyj einen Lehrer spielt, der unverhofft zum ukrainischen Präsidenten aufsteigt. Bevor Selenskyj dann später selbst tatsächlich Präsident wurde. Mittlerweile ist die Serie ja ein historisches Dokument, die man sich auch auf Ukrainisch mit Untertiteln sehr gut ansehen kann (und viel vom Vokabular von Sitcoms funktioniert ohnehin visuell). Hier die Rezension der Süddeutschen aus dem vergangenen Herbst. Bei Slate beschreibt Lili Loofbourow ihre aktuelle Seherfahrung.
- Kommende Woche findet in Göttingen die Tagung Loriot und die Bundesrepublik statt, organisiert von Anna Bers und Claudia Hillebrandt, die vor einiger Zeit mal im Podcast zu Gast waren. Hier geht’s zum Tagungsprogramm. Interessierte können sich einen Link zur Podiumsdiskussion zuschicken lassen.
- Comedy Central Deutschland setzt Stand-up 3000 und das Roast Battle fort und zeigt demnächst auch Pastewka.
- Über die vierte Staffel von The Marvelous Mrs Maisel hatte ich kürzlich geschrieben. Inzwischen sind alle Folgen veröffentlicht. Der fulminante Dialog in der letzten Folge zwischen der Serienversion von Lenny Bruce und Hauptfigur Midge Maisel lohnt sich für Comedyfans. Großartig geschrieben, vielschichtig gespielt, endlich wird mit Midges merkwürdigem Arbeitsethos aufgeräumt, dazu auch mit Bruce’ Image als „Stand-up-Messias“. Ja, man würde Lenny Bruce zutrauen, so gesprochen zu haben. Man findet die Szene auf Youtube.
SPECIAL-EMPFEHLUNG: Katherine Ryan: Glam Role Model (2016)
Die in London lebende Kanadierin Ryan hat gerade einen der britischen National Comedy Awards gewonnen. Anlass genug, um auf ihr älteres Special Glam Role Model zu verweisen, das unter anderem das Bit enthält, auf dem ihre Serie Duchess fußt. Man verzeiht Ryan ihre demonstrative girliehafte Arroganz, weil sie die regelmäßig in eine als Straßenschläue verkleidete Dumpfheit kippen lässt.
- Auf ZDFneo (und in der Mediathek) läuft die Comedyserie Doppelhaushälfte. Im Deutschlandfunk Kultur spricht Macher Dennis Schanz über die Hintergründe.
- Mit Spannung erwartet (unter anderem von mir) wurde das neue Special Look At You der US-Comedienne Taylor Tomlinson (abrufbar bei Netflix). Vor lauter Begeisterung für experimentelle und die Grenzen der Kunstform überschreitende Comedy à la Burnham, Gadsby, Michael, Chappelle (kleiner Scherz), ist es erfrischend, mal wieder einer klassisch erzählenden, witzgetriebenen Künstlerin zuzuschauen. Mein heimlicher Favorit ist nichts bedeutungsschweres, mit dem Look At You auch angereichert ist, es ist nicht mal eine Punchline, sondern passiert irgendwo auf halber Strecke, wenn Tomlinson das Erwachsen-Sein so knapp wie treffend mit „Look at all my keys“ beschreibt. Kathryn Van Arendonk erklärt bei Vulture das Phänomen Tomlinson etwas eingehender.
- Noch einmal die Empfehlung für We Need to Talk About Cosby von W. Kamau Bell, die vierteilige Dokuserie über den Prozess gegen Bill Cosby aufgrund der Anschuldigungen von 60 Frauen. Cosby war wegen „sexual assault“ ins Gefängnis gekommen, später wurde das Urteil wegen eines Formfehlers aufgehoben. Wie das in solchen Fällen in der Unterhaltungsbranche so ist, tun sich viele trotzdem mit einem moralischen Urteil über Cosby schwer, der übrigens vor Gericht zugegeben hatte, Frauen betäubt und angegriffen zu haben. Warum das so ist, zeigt Bells Doku eindrücklich. Ich wusste zum Beispiel nichts über Cosbys Einsatz für Schwarze Stuntmen, sein wohltätiges Engagement für die Black Community in den USA oder über seine Rolle als Drogenaufklärer der Nation. Das macht die Sache natürlich nicht besser, aber es zeigt, wie unfassbar groß im Fall von Cosby der mentale Spagat ist, beide Facetten der Person Cosbys unter einen Hut bringen zu müssen. „He is a rapist who once had a very successful TV show“, sagt eine der Expertinnen in der Doku. Der Artikel im New Yorker von Doreen St. Félix sei allen Interessierten nahegelegt.
Follow-Tipp: StandupBooker auf Twitter
In den USA sind die Booker von Comedyclubs wichtige Gatekeeper für junge Comedians. Von Comedy haben sie allerdings oft wenig Ahnung, das es ihnen weniger um die Kunst geht als darum, zahlende Gäste anzulocken. Diese ungute Kombination (und damit die Mechanismen und die Ideologie des Business der Live-Comedy) spießt der „Standup Booker“ auf Twitter treffend auf. „Okay maybe their punchlines don’t really hit but you have to admit their setups are very long!“
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