Alle Artikel mit dem Schlagwort: Serdar Somuncu

Der Comedy-Newsletter von Setup/Punchline: News über Stand-up, Comedy und Kabarett

Polt und Wells / German Humor / Robert Gernhardt

Man in the mirror. Der Philosoph Diogenes (der aus der Tonne) war zynisch, respektlos, stellte vieles in Frage und machte allen Leuten Vorhaltungen. Das ging nicht nur den Mächtigen in Athen auf die Nerven, sondern auch den normalen Leuten. Zur Verteidigung soll Diogenes gesagt haben, er ahmte mit seinem Tun einen Chorleiter nach. Chöre neigen immer dazu, die Tonhöhe zu verlieren. Darum gibt der Leiter den Ton immer etwas zu hoch an, damit der Chor diesen dann trifft. Womit wir schon bei Serdar Somuncu sind und dem jüngsten Skandal (hier sehr schön zusammengefasst nachlesbar). Somuncu kann man durchaus in der Tradition von Diogenes sehen. Die Frage ist halt, ob dieses Drüber-Singen noch zeitgemäß ist. Künstler:innen sagen gern Dinge wie: „Wir halten der Gesellschaft einen Spiegel vor. Wir legen ihre Brüche, Widersprüche und Lächerlichkeiten offen.“ Heute kommt mir das oft etwas bevormundend vor. Ich bin ein lächerlicher, kleiner Mensch und weiß sehr gut selbst, wann ich Heuchler bin, wann Opportunist. Was bleibt übrig, wenn sich das Spiegelvorhalten überlebt hat? Ein schwer erträglicher Seitenaspekt dieser Debatte sind …

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Serdar Somuncu / Meg Stalter / The Structure of Stand-up

Nicht gewaschen ist der Pimmel. Alles alles stinkt zum Himmel. Kein Comedian, kein Youtube-Clip, kein Witz hat mich in jüngster Zeit so zum Lachen gebracht wie dieser kleine Reim. Er stammt von Rammstein-Sänger Till Lindemann und steht, das ist kein Witz, genau so in einem Lindemann-Gedichtband, der vergangene Woche erschienen ist. Das Lustige daran ist, dass Dichter, Herausgeber und Verleger, immerhin erwachsene Männer, das nicht etwa ironisch sehen (ein ironischer Pimmelwitz wäre 2020 eh auch fad), sondern offenbar für große Kunst halten. Dabei könnte man es bewenden lassen, enthielte der Band nicht auch ein Gedicht (?) über die Vergewaltigung einer sedierten Person. Viele fanden das ekelhaft, auch ich. Der Verleger verstand die Aufregung nicht. Andere sahen die Kunstfreiheit bedroht. Muss man ja noch dichten dürfen! Und auf Twitter verwies jemand darauf, dass ja auch Goethe schon unpassende und sexistische Lyrik abgeliefert hatte. Nun sind Widerspruch, Empörung oder Kritik an einer Sache nicht gleichzusetzen mit dem Wunsch, diese Sache auch zu verbieten. Man kann heute viel mehr sagen als jemals zuvor. Ob man es zwingend muss, …