Katzenliebhaber werden das Phänomen kennen: Im einen Moment liegen sie noch friedlich da (also die Katzen) – weich, schnurrig, liquide. Und im nächsten kommt der Katzenrappel. Das ist ein verniedlichender Ausdruck für: All hell breaks loose. Sie krallen und beißen sich im menschlichen Oberschenkel fest, treten hochfrequent zu. Die jeweiligen Katzenbesitzer lassen alle Hoffnung fahren, jeder Versuch der Besänftigung schlägt fehl.
Rappel solcher Art lässt sich seit einiger Zeit auch im öffentlichen Diskurs beobachten. Aktuell zum Beispiel am englischen Journalisten Piers Morgan. Der verbeißt sich seit einiger Zeit in einen irritierenden Kleinkrieg gegen Meghan Markle, Ex-Schauspielerin und Frau von Prinz Harry. Diese Woche dann die Eskalation: Morgan bezichtigte Markle der Lüge und machte sich mit seinen Äußerungen „in den Fachbereichen Rassismus und psychische Erkrankungen mindestens extrem angreifbar“ (Süddeutsche Zeitung). Er marschierte, von einem Kollegen on air kritisiert, aus seiner eigenen Sendung. Der Journalist und der Sender beendeten die Zusammenarbeit. Und Morgan zeterte weiter, stilisierte sich zum Opfer und unterdrückten Kämpfer. „Freedom of speech is a hill I’m happy to die on“, twitterte er. Ein wahrhaft kätzischer Rappel.
Ein beliebtes Muster, das man auch aus der Comedy kennt. Der (ebenfalls englische) Stand-up-Comedian James Acaster hat es in seinem aktuell erschienenen Special Cold Lasagne Hate Myself 1999 großartig parodiert. Im Stil einer Aufziehpuppe wiederholt er das Mantra der edgy comedy:
„That’s my job. I’m a stand-up comedian. I’m meant to challenge people. If you don’t like being challenged, don’t watch my shows. What’s the matter guys? Too challenging for you? That’s my job. I’m a stand-up comedian…“
Im Moment sieht es nicht so aus, als würden wir bald aus dieser Schleife ausbrechen. Es fehlt an Menschen, die etwas Neues zur Debatte beitragen könnten. Wenn es die nur gäbe! Oder sogar einen ganzen Berufsstand, der darin geübt ist, neue Perspektiven zu altbekannten Themen einzunehmen und originelle Meinungen zu äußern, vielleicht sogar auf unterhaltsame Art. Das wär’s.