„Es ist schon eine absurde Geschichte“

Das Comedykollektiv Vier Feinde vor leeren Rängen in der Lanxess-Arena Köln
Vier Feinde: Marvin Hoffmann, Yorick Thiede, Alex Stoldt und Sebo Sam in der Lanxess-Arena (Foto: crlycrls)

Eigentlich suchten die Vier Feinde nur eine Auftrittsmöglichkeit in einem Hinterzimmer der Kölner Lanxess-Arena, um sich diese mit ihren 20.000 Plätzen als Auftrittsort ins Portfolio schreiben zu können. Dann wuchs sich das Projekt aus: Ende Juni gab das Comedykollektiv, bestehend aus dem Musikcomedian Sebo Sam und den Stand-up-Comedians Yorick Thiede, Marvin Hoffmann und Alex Stoldt, auf Instagram bekannt, dass es für eine Show am 9. September die große Arena mieten würde. Titel: All In. Wie laufen die Vorbereitungen und was können Zuschauer:innen erwarten? Setup/Punchline hat mit allen Vier Feinden telefoniert, die hier aus Gründen der Lesbarkeit wie ein einzelner Gesprächspartner behandelt werden. Das Gespräch wird hier gekürzt und bearbeitet wiedergegeben.

Setup/Punchline: Auf Instagram habt ihr euch als „die unbekanntesten Menschen aller Zeiten, die in der Lanxess-Arena auftreten dürfen“, bezeichnet. Das macht den Charme dieser Show aus, aber gleichzeitig ist da doch auch die Gefahr, sich zu verheben und unfassbar zu verschulden…

Vier Feinde: Ja, dieses Risiko war da. Keiner von uns konnte das einschätzen. Aber wir haben jetzt glücklicherweise schon genug Tickets verkauft, damit wir nicht draufzahlen.

Wo steht der Vorverkauf gerade?

Stand heute [15.08.2022, s/p] liegen wir bei circa 1.500 Tickets. Der Verkauf hat angezogen: Jede Wochen kamen 150 bis 200 dazu. Wir hoffen, dass das noch weiter anzieht und wir am Ende 3.500 Tickets erreichen. Dann wäre es richtig voll in der Arena.

In die passen doch aber 20.000 Leute rein?

Showplakat All In
(Plakat: Marvin Ruppert)

Für solche Comedyshows gehen theoretisch 14.000. Das auszuverkaufen schafft von den deutschen Comedians aber vielleicht höchstens Felix Lobrecht. Die meisten großen Comedians spielen in der Lanxess-Arena auch eher vor 4.000 oder 5.000 Leuten. Das liegt daran, dass es in Köln keinen mittleren Veranstaltungssaal gibt. Es gibt das E-Werk mit 1.000 – und für alles darüber muss man schon in die Arena. Man kann dort den Raum abtrennen, Vorhänge runterfahren, die Oberränge abhängen. Man wird bei uns keine freien Plätze sehen. Das haben uns auch die Leute von der Arena geraten: Lieber erst mal klein mit immerhin 3.500 Leuten planen. Wenn wir tatsächlich, was extrem unwahrscheinlich ist, mehr als 10.000 Karten verkauft hätten – was soll dann danach noch kommen? Dann macht man eine kleine Tour oder wieder Open-Mics und muss wieder zu viele Stufen nach unten gehen. Psychologisch ist es geschickter, erst einmal etwas weniger anzupeilen.

Ihr seid zurzeit regelmäßig in der Arena, um dort Clips für Instagram oder Youtube zu produzieren und die Show zu bewerben. Müsst ihr sonst nichts regeln? Catering? Security?

Wir haben außer mal ein paar Open-Mics noch nie selber was veranstaltet. Von daher sind wir froh, dass sich die Arena um Catering, Security, Vorverkauf und all diese Sachen kümmert. Die Leute sind uns da auch sehr entgegengekommen. Zum Beispiel gibt es am Abend unserer Show eine eigene interne Veranstaltung der Arena. So ließ sich dann die Miete noch etwas mindern.

Was erwartet denn die Leute inhaltlich bei All In?

Es wird zwei Hälften geben. In der ersten Hälfte spielt jeder von uns sein bestes Material. Ganz simpel, ohne Moderator, wir sagen uns gegenseitig an. Und von der zweiten wird’s ein wenig von dem geben, was wir auch bei Instagram machen. Sonst wollen wir aber noch nicht zu viel verraten. Möglicherweise gibt’s auch eine Überraschung. Am Ende wird alles, schätzen wir, 90 bis 100 Minuten dauern.

Ein Ticket kostet 29 Euro 95. Das ist etwas weniger als die billigsten Tickets bei Torsten Sträter oder Bülent Ceylan. Günstiger als All In wird es in der Lanxess-Arena eigentlich nicht. Aber knapp 30 Euro sind auch nicht ganz wenig für die „unbekanntesten Menschen“, die jemals in der Lanxess-Arena aufgetreten sind.

Es ist eben eine Show in einer Arena und da hängen viele Kosten dran. Aber wir haben versucht, alles so günstig wie möglich zu gestalten, zum Beispiel eben die Miete hier und da noch ein wenig zu drücken. Wir haben uns auch dafür eingesetzt, die Ticketgebühren so weit wie möglich runterzufahren. Und da wir den Auftritt ja selbst gebookt haben, gehen da auch keine Prozente an irgendwen anderen. Wir hatten die Idee ja nicht, um reich zu werden. Solange wir da ohne Minus rausgehen – was ja eben schon sicher ist – wollen wir natürlich auch, dass die Halle so voll wie möglich ist. Gerade in dieser Zeit, wo ja auch die Veranstaltungsbranche Long-Covid hat und kaum mehr jemand Tickets kauft. Und wir stehen jetzt eben gerade bei etwa 1.500? Es ist schon eine absurde Geschichte.

Habt ihr Anfragen bekommen, zum Beispiel von Agenturen oder Produktionsfirmen, die über die Aktion auf euch aufmerksam geworden sind?

Das nicht. Aber es haben sich merkwürdigerweise total viele Bands gemeldet, die geschrieben haben: Ihr seid unbekannt. Wir sind unbekannt. Wollen wir das nicht gemeinsam machen? Wir haben zwar mit Sebo auch jemanden, der Comedy und Musik kombiniert. Es gäbe also einen gewissen Bezug, aber letzten Endes passt das einfach nicht zur Show. Gefilmt wird das Ganze übrigens auch, aber von einem Filmemacher, der ähnlich unbekannt ist wie wir.

Wo geht es danach für euch hin? Wollt ihr ein Stand-up-Label werden wie Felix Lobrechts Stand-Up 44?

Der Vergleich liegt natürlich nahe. Jedes Comedykollektiv ist ja irgendwie ähnlich. Aber bei uns gibt es keinen, der die anderen mitziehen kann. Wir stehen alle unten und versuchen uns, gegenseitig zu pushen. Wir bauen das von Null auf. Ansonsten: Viele fragen uns, ob’s mal einen Podcast gibt. Da sind wir immer noch am Überlegen. Und nach All In werden wir auch erst mal auf Tour gehen. Das werden wir jetzt demnächst noch ankündigen.

Wenn man euch so zuhört, könnte man den Eindruck bekommen, dass es ganz simpel ist, mal eine Comedyshow mit Tausenden Zuschauer:innen zu veranstalten, selbst wenn man kein Eventmanager ist. Wieso ist denn noch niemand auf diese Idee gekommen?

Es klingt alles so easy, aber es war schon eine Zitterpartie für uns. Generell glaube ich, viele haben sich das schon mal gedacht: Wäre cool, das in der Arena zu machen. Aber im nächsten Moment haben sie dann wohl alle gesagt: Ist ja bescheuert, wir können da nicht einfach anfragen. Wir haben genau das getan. Wir haben angerufen, im Januar war das erst. Und dann fanden die Leute von der Arena diese Idee einfach gut. Und es ist ja sehr wahrscheinlich eine einmalige Sache. So etwas ist ein einziges Mal cool. Vielleicht haben sie gedacht: Dann kann man das schon mal machen. Und es lässt die Arena ja auch sympathisch dastehen, wenn sie Newcomern wie uns so etwas ermöglicht. Aber wir sind extrem dankbar und haben auch gerne den Platz für Chris Rock und Dave Chappelle geräumt.

Screenshot aus dem Ticketshop der Lanxess-Arena: Dave Chappelle und Chris Rock nach Vier Feinde

Die treten einen Tag nach euch in der Lanxess-Arena auf.

Eigentlich war das unser Tag. All In war für den Samstag geplant. Die Arena hat uns dann aber kontaktiert und gesagt: Sie haben für den Tag eine Anfrage bekommen. Relativ bekannte Künstler. Auch Comedians. Branchenkollegen von uns, so haben sie das genannt. Auf den Freitag zu gehen, war für uns überhaupt kein Problem. Erst im Terminkalender der Arena haben wir später dann gesehen, wer diese angeblichen Branchenkollegen sind. Fanden wir mega.

VIER FEINDE (Alex Stoldt, Yorick Thiede, Sebo Sam & Marvin Hoffmann): All In. 9. September 2022, Lanxess-Arena, Köln. Zum Ticketshop

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