Hofcomedians

Der Comedy-Newsletter von Setup/Punchline: News über Stand-up, Comedy und Kabarett
Comedy-Newsletter von Setup/Punchline

In UK hat ein anonymer Spender 25.000 Pfund in den #SaveLiveComedy-Fonds eingezahlt, einen Fonds zur Unterstützung von Bühnencomedians. Mit den Spenden eines Arzneimittelherstellers, des Verbands der Live-Comedy-Veranstalter, des Streamingportals NextUp und zahlreichen Kleinspenden befinden sich dann demnächst 100.000 Pfund in besagtem Fonds.

Die sollen in Tranchen von 500 Pfund ausbezahlt werden. 200 Comedians können also, wenn sie für die Auszahlung in Frage kommen, jeweils 500 Pfund bekommen. Hier kann man die Bedingungen nachlesen, was sehr deutlich macht, wie unstrukturiert und unprofessionell Live-Comedy in Deutschland noch ist. („Unprofessionell“ natürlich hier im Sinne „damit verdienent man kein oder kaum Geld“)

Dieser Artikel gehört zur Reihe Noten zur Comedy, in der wir alle zwei Wochen einen Blick auf ein virulentes Thema rund um Comedy werfen. Ihr könnt die Noten auch als Newsletter abonnieren, dann kommen sie direkt (mit aktueller Presseschau und besonderem Comedytipp) ins Postfach.

500 Pfund, das wären, Stand heute, 581,95 Euro. Das ist nicht besonders viel und dürfte in Städten, in denen Comedians ja häufig wohnen, für eine Monatsmiete reichen, vielleicht zwei. Andererseits: Man kann davon immerhin eine Monatsmiete zahlen, das bedeutet einen Monat etwas weniger Sorgen. Wiederum andererseits: Wie viel Geld wäre denn eigentlich nötig? Wie viel wäre angemessen, so pro Monat, um einen einzelnen Comedian zu unterstützen? Wie teuer wäre es, sich einen Comedian zu unterhalten wie früher Fürstenhöfe Komponisten? (Und würde das jemand mitmachen? Auf jeden Fall wäre sofort klar, wer wegen der Comedy in Comedy ist, und wer wegen des potenziell sich irgendwann einstellenden Ruhms.)

Behalten wir das Modell des Hofcomedians mal für die Zukunft im Hinterkopf. Derweil frage ich mich: Wie viel Geld bräuchte man, um eine abgestorbene Stand-up-Szene wieder in die Spur zu bringen? Fangen wir doch unten an: Wie weit käme man in einer stand-up-technisch kleinen, aber einstmals lebhaften Stadt wie München mit 1.000 Euro? Man könnte Comedians ein bisschen Gage zahlen, man könnte Flyer und Plakate drucken lassen, man könnte ein besseres Mikro ausleihen. Man könnte das Geld Comedians geben, damit sie Zeit zum Schreiben haben. Man könnte es Veranstaltern geben, damit sie Zeit zum Veranstalten haben.

Leider gibt es kaum Kanäle, durch die Geld fließen kann. Der komplizierteste Weg wäre, sich als Comedians zusammenzuschließen, einen Verein oder Fonds zu gründen, selbst zu verwalten, Spenden zu sammeln, Förderung einzuwerben, und ein Regelwerk für Ausschüttungen zu definieren. Ein Fonds könnte zum Beispiel zuerst helfen, die Coronafolgen abzuschwächen, später dann, um generell Veranstaltungen zu fördern. Wie gesagt, der komplizierteste Weg, aber ein nachhaltiger.

Etwas einfacher wäre es, wenn reiche, erfolgreiche Comedians zusammenlegen, um den kleinen Comedians schnell und unbürokratisch zu helfen. In Deutschland gibt es keine Chappelles oder Seinfelds mit Deals über Dutzende Millionen. Aber es gibt ja durchaus erfolgreiche, wohlhabende Comedians, denen eine funktionierende Szene doch am Herzen liegen müsste.

Und die allereinfachste Lösung, nicht nur, aber vielleicht gerade für arrivierte Comedians interessant, die sich ja gerne auch mal mit der Underground-Szene schmücken: Man kann beim Open-Mic auch mal 100 Euro in die Spendenbox werfen. Es müssen ja nicht gleich 25.000 sein.