- Lanxess-Arena I: Über den “Arena-Stunt” des Comedykollektivs Vier Feinde gab’s bei s/p schon hier zu lesen. Nun hat die Show (inkl. Cameo-Auftritt von Felix Lobrecht) stattgefunden. Eine Nachlese bietet der Kölner Express.
- Lanxess-Arena II: Da war ja noch was. Einen Tag später spielten die US-Comedians Chris Rock und Dave Chappelle in Köln. Nele Pollatschek rezensiert lesenswert in der SZ, versteigt sich aber zu folgender Äußerung: “Und natürlich brauchen Comedians diese Freiheit mehr als die meisten anderen, weil Komik ja gerade da entsteht, wo spontane Assoziationen und dumme Sprüche einfach mal rausgehauen werden, weil gutes Timing und sehr lange über jedes Wort nachdenken, selten Hand in Hand gehen.” Nein, Komik entsteht nicht “gerade da”. Zudem eine völlig verquere Auffassung des Handwerks. Es wäre in Deutschland undenkbar, dass jemand ein Musikkonzert rezensiert, ohne zumindest in der Theorie zu wissen, wie die einzelnen Instrumente funktionieren. In Comedy müssen wir das leider immer noch hinnehmen. (Sonst ist der Artikel aber wirklich ok.)
- Über die Comedypläne des ZDF gibt’s bei DWDL zu lesen. Unter anderem wechselt das Browser Ballett zum Sender.
- “Die Comedy-Polizei ist so streng geworden”, sagte Michael “Bully” Herbig im NDR. (Zusammenfassung beim RND) Den bumserfolgreichen Schuh des Manitu würde er heute so nicht mehr drehen. Überhaupt werde Komödien zu drehen immer schwieriger. Dazu lässt sich sagen: Ja, aber ihr habt euch den Job halt ausgesucht! Es gibt kein Recht darauf, zu stagnieren. Ich habe Schuh des Manitu als Teenager ja auch sehr gefeiert. Aber wenn Filmemacher zur Einsicht gelangen, dass so penetrant zur Schau gestellte Homophobie heute möglicherweise nicht mehr geht, muss man der strengen Comedy-Polizei fast ein wenig dankbar sein.
SPECIAL-EMPFEHLUNG: Günter Grünwald: Der Botschafter des guten Geschmacks (2002)
Der bayerische “Kabarettist” Günter Grünwald ist Stand-up-Comedian avant la lettre. Kippt in Sekunden vom Elegischen ins Vulgäre und ins Höfliche weiter. Schwer zu analysieren, weil so ungemein dicht gewebt, dafür umso besser zu genießen. Kenntnisse im Bairischen von Vorteil. Hier geht’s zum Special
- Die Künstlersozialabgabe, die Veranstalter von Konzerten (oder Comedyshows) an die KSK abführen, soll im kommenden Jahr wieder steigen, wie der SWR berichtet. Klingt technisch, bedeute am Ende aber, führt der Musikagent Berthold Seliger aus, dass weniger Geld bei den Künstler:innen ankommen wird.
- Während der angesprochenen Tagung war ich im Deutschlandfunk zu Gast und sprach über Humorstrategien der Neuen Rechten. Interessante Erfahrung, werde ich so nicht mehr machen (während einer Tagung in der Ecke schnell ein Interview zu geben). Das Gespräch wirkt etwas konfus, weil sehr viel geschnitten werden musste. Ich bin eben ein besserer Schreiber als Redner. Sonst hätte ich die Gelegenheit genutzt, um mal über die grassierende verkürzte Satireauffassung zu sprechen, wonach nach unten treten schlecht, nach oben treten hingegen gut sei. Natürlich ist Letzteres sympathischer. Aber: Mit der Stoßrichtung ist es noch nicht getan. Nach-oben-Treten ist nicht automatisch komisch und lustig. Gleichzeitig kann fieses Nach-unten-Treten trotzdem lustig sein. Kunst ist halt komplex, und die Unterscheidung nach unten/nach oben, die vom Feuilleton so dankbar aufgenommen wurde, leistet analytisch weniger, als man meint.
- Der US-amerikanische Comedian Josh Gondelman schreibt auf Twitter darüber, wie sich soziale Medien auf Stand-up auswirken: “It’s so interesting to me that tv networks/streamers are incentivizing comedians to develop increasingly ambitious/cohesive hours of comedy, while tech companies incentivize them to post 15-second crowdwork clips.” In den vergangenen Monaten sah man auch unter deutschen Comedians die Waage auf Seiten der Crowdwork-Clips runtergehen. Für die Zukunft der Kunstform wird interessant, ob beide Paradigmata nebeneinander existieren können.
- Donnie Sengstack ist ein US-amerikanischer Comedian, der stottert. Auf Twitter berichtet er vom absurdesten heckler, von dem ich jemals las.
- Zu guter Letzt: In Münster starb Anfang September der trans* Mann Malte C. an seinen Verletzungen infolge einer Prügelattacke beim dortigen Christopher Street Day. (Der LSVD berichtet.) Anlässlich solcher Nachrichten sollten Comedians dreimal oder öfter drüber nachdenken, ob es den Witz über die “Translobby” etc. wirklich braucht.
Hörtipp: How Karen Chee Generates Punchlines
Die Autorin Karen Chee schreibt unter anderem für Late Night With Seth Meyers und erklärt im Podcast bei Slate, wie sie ihre Witze schreibt. Kein Spoiler ist es zu verraten, dass es keine Abkürzung zum gelungenen Witz gibt, sondern eher darum geht, sich selbst im Alltag in Schreibroutinen einzubetten. Schönes Gespräch mit manch schönem Einblick für Voyeur:innen. Hier geht’s zur Episode
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