Comedy-Presseschau vom 15.05.25

  • Mit großem Aufschlag gestartet, dann aber die Erwartungen nicht erfüllt: RTL setzt laut DWDL Stefan Raabs Show Du gewinnst hier nicht die Million ab, plant aber weiter Projekte mit dem Moderator.
  • Der Spiegel hat ein Porträt über Florian Schroeder und wundert sich, warum dem Kabarettisten eigentlich der große Erfolg bisher verwehrt geblieben ist. Zitat: „Medial ist Florian Schroeder fast allgegenwärtig. Und doch ist er nie so groß geworden, wie er es angesichts der Zahl seiner Auftritte eigentlich sein müsste.“ Der Artikel zeigt recht schön, wie Schroeder sich in einem vermeintlich kreativen Spiel mit Bühnenpersona und privatem Ich verrannt hat, lässt aber eine Perspektive unbeachtet: den Massenappeal Schroeders gerade als den Grund für das Ausbleiben des ganz großen Erfolgs: Vor 40 Jahren hat es ebenfalls mal ein Spiegel-Autor über einen anderen Kabarettisten auf den Punkt gebracht: „Dieser Satiriker legt sich mit allen (mit links und rechts, oben und unten) und darum mit niemandem an.“
  • „Whatever unbelievably riveting stuff you get up to in your life, or whatever your zany quirks are are – they aren’t inherently interesting, and certainly aren’t inherently funny. If you grew up in a cult, that’s still only interesting to you unless you find a way to make it relateable to me“, schreibt Caroline Clifford in ihrem Newsletter The Authentic Comedian über eine oft vernachlässigte Gesetzmäßigkeit von Stand-up.
  • Zeit Campus spricht mit der Autorin und Comedienne Theresa Ziegler über deren Zwangsstörungen. Ich bin kein Fan davon, Humor als Bewältigungsstrategie zu thematisieren, da man dazu nun wirklich keinen Comedian zu befragen braucht. Aber das Gespräch hat interessante Stellen, etwa die, wenn Ziegler erklärt, wie sie ihre komische Stimme gefunden hat und ihr dabei ein Blick in ein Tagebuch aus ihrer Jugend geholfen hat: „Heute werde ich für genau das gefeiert, was ich damals nur meinem Tagebuch anvertrauen wollte.“
  • Auch Till Reiners versucht sich nun am Format Late-Night-Show,ab Ende Juni zu sehen beim ZDF. Wenns einer in Deutschland schaffen kann, dieses Format wiederzubeleben, dann vielleicht Reiners. Da man aber vermutlich beim ZDF auch nicht zuuu lange abwarten möchte, würde ich vermuten, dass wir uns dann irgendwann auf die typischen Late-Night-Abgesänge und Harald-Schmidt-Zurückwünsch-Artikel im Feuilleton einstellen dürfen (ich hab meinen schon mal vorgeschrieben).
Comedian Lukas Boborzi

BIT-EMPFEHLUNG: Lukas Boborzi: Auf Kinder aufpassen (2024)

Ein oft gesehenes Problem unter Comedians: Sie brauchen einfach zu lange für ihren Aufbau, die erste Punchline kommt dann nach zwei Minuten. Ganz anders bei Lukas Boborzi, der in diesem Bit aus der Lucky-Punch-Sendung im BR ohne Umschweife losfeuert und diese Dichte fast konstant durchhält. Hier geht’s zum Clip

  • Wer weiß, was aus dem Quatsch Comedy Club geworden wäre, würden nicht seit 30 Jahren deutsche Medien bereitwillig dessen PR-Arbeit erledigen. Ein besonderes Gaga-Beispiel über die „wohl flotteste Spaßzentrale der Stadt“ las ich jüngst bei der Hamburger Morgenpost. QCC-Gründer Thomas Hermanns, heißt es darin, sei der Mann, der Hamburg „in eine vollwertige Lachmetropole verwandelte“. Man kann ja über den Club berichten, gerade auf einer lokalen Ebene, aber man könnte beim sprachlichen PR-Müll doch etwas sparen.
  • The success of “LOL: Last One Laughing” is no joke, schreibt nun sogar der Economist, in Magazinhinsicht ja ein Öltanker, der sich in seinem Lauf nicht mal eben von einem Hype irritieren lässt. Das heißt, es ist ernst. Zitat: „‚LOL‘ has gone global because the universal elements of the format leave enough elbow-room for local tastes.“
  • „The surest sign, perhaps, of the business’s increasing irrelevance is its dependence on the kind of social-media star power its gatekeepers still don’t fully understand“, schreibt Inkoo Kang im New Yorker über die Filmindustrie Hollywoods, und das ist doch eine schöne Daumenregel: Treten irgendwo Influencer auf, die man dort eigentlich nicht unbedingt erwarten würde, kann das ein Anzeichen für increasing irrelevance sein.

Schautipp: Kill Timmy

Logo der Sendung Kill Timmy

Der US-amerikanische Comedian Tim Heidecker macht gerne gewöhnungsbedürftige Meta-Comedy. In diesem Clip parodiert er mit Kill Tony eines der weltweit erfolgreichsten Comedyformate. Was soll ich sagen? Kill Timmy ist vom Original nicht zu unterscheiden. Die bloße Wiederholung von Manierismen ist ja sonst oft langweilig, in diesem Fall aber verdeutlicht sie viel besser als jede künstlerische Anstrengung, wie ausgelutscht das Original eigentlich schon ist. Hier geht’s zum Video

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