Das Programm Sagt wer? von Markus Barth wurde 2016 im Bürgerhaus Stollwerk in Köln uraufgeführt und gefilmt. Es ist ganz unterhaltsam, der Comedian sympathisch, und Barth hat sogar einen originellen Joke über die katholische Kirche in petto. Da verzeiht man auch viel Flohkistenhumor und viele surreale „Wäre doch witzig, wenn…“-Witze.
Auffällig ist aber eine bestimmte Form des Witzes, die mir für für einen großen Teil deutscher Stand-up-Comedy symptomatisch zu sein scheint und die ich deshalb einmal herausgreifen möchte. Nämlich geht es um die Form des Witzes, der sich aufgrund sprachlicher Ungenauigkeiten oder logischer Inkonsistenzen selbst zerstört.
Stellvertretend dafür steht in Sagt wer? ein Segment über Pfannkuchenteig, der heutzutage auch fertig in der Flasche verkauft wird. Das verwundert den Comedian sehr. „Wer zu doof ist, Eier, Milch und Mehl zu mischen, sollte auch keinen Herd bedienen dürfen“, sagt Barth, und weiter: „Das sind genau die Leute, die beim Laafer in der Sendung anrufen und fragen, wie lange man rühren muss, bis sich die Eierschalen auflösen.“
Das ist gemeckert, aber auf eine sehr nette Weise, und es es klingt beim ersten Zuhören, wie vieles bei Barth, sehr launig. Aber es handelt sich hier um ein schlecht kalibriertes Bit, das in sich nicht stimmig ist: Ich mag mich irren, aber in Kochsendungen kann man höchst selten anrufen und Fragen stellen. Und noch niemals hat jemand geglaubt, dass sich Eierschalen durch Rühren auflösen – nichts gegen komische Übertreibung, aber dieses Beispiel ist einfach drüber. Man könnte allenfalls argumentieren: Diese Leute sind so dumm, dass sie möglicherweise noch etwas viel Dümmeres tun. Aber selbst dann hat man noch ein Problem mit der zugrundeliegenden Einschätzung, dass Menschen den Teig in Flaschen aus Dummheit kaufen, wo doch höchstwahrscheinlich Bequemlichkeit das Motiv ist.
Es gibt diese Menschen, die hier als butt of the joke fungieren, schlicht nicht. Je mehr man über die Zeilen nachdenkt, umso weniger Sinn ergeben sie. Und da Barth ja hier nicht menschliche Bequemlichkeit zum Thema macht oder die Tatsache, dass etwa sein Gehirn solche Inkonsistenzen produziert und was das für sein Leben bedeutet, bleiben unter dem Strich nur die Inkonsistenzen stehen.
Es wird nicht klar, warum die Details genau so gewählt sind, warum überhaupt das Thema oder warum sich der Künstler diesen (nicht-existenten) Schlag Mensch aussucht. Diese Fragen zu beantworten oder ihnen zumindest nachzugehen, hätte über die Inkonsistenzen hinausführen und Interessantes über die Persona des Performers offenbaren können. Es wird allerdings kein Grund genannt und vielleicht gibt es ja nicht mal einen. Es genügt hier als Rechtfertigung für den Joke, dass der Comedian etwas einstreuen wollte, was er für eine Kuriosität des Alltags hält.
Dass das Publikum trotzdem lacht, ist teils dem Moment geschuldet, teils sicherlich dem künstlerischen Vermögen von Markus Barth. Zum größten Teil aber der jahrzehntelangen Gewöhnung. Ob lustig oder nicht, hängt in Deutschland sehr oft nicht vom konkret geäußerten Witz ab. Auch fungiert das Publikum nicht als kritische Prüfinstanz, vielmehr delegiert es diese Aufgabe an den Comedian als verantwortlichen Humorbeamten selbst zurück. Wenn der auf der Bühne das sagt, wird’s schon lustig sein.
Am Ende führen die nicht-akkuraten Gedanken bei den Zuhörer:innen zu einer Verkleisterung des Denkens – also genau zum Gegenteil dessen, was Comedy theoretisch zu leisten vermag.
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