Comedy-Presseschau vom 29.07.21

(Foto: Museums Victoria on Unsplash)
  • Auf Unverständnis gegenüber der Partnerin haben männliche Comedians schon ganze Karrieren aufgebaut. Die US-Autorin Jessica Valenti wundert sich über dieses Phänomen, das tief in unsere Alltagskultur eingesickert ist: Joking about your spouse also has the added patriarchal benefit of framing inequality at home as an immutable fact of life.“
  • Berühmte Tote I: Der dänische Karikaturist Kurt Westergaard ist gestorben. 2005 löste er mit Zeichnungen des islamischen Propheten Mohammed eine der größten außenpolitischen Krisen Dänemarks aus. Er bereue nichts und habe sich für nichts zu entschuldigen, sagte Westergaard dazu. Die taz fasst sein Leben knapp zusammen.
  • Berühmte Tote II: Gestorben ist auch Comedylegende Jackie Mason, ein Pionier der persönlichen jüdischen Stand-up, der als Folie für die allgemeine Entwicklung der Kunstform diente. Nicht viele können zudem behaupten, von Frank Sinatra geheckelt worden zu sein. Der Guardian hat einen Nachruf. Einen zwei Minuten dauernden Eindruck von der schnellen, witty Comedy von Mason bekommt man in diesem Clip.
  • Helge Schneider hat ein Konzert abgebrochen, in dem das Publikum in Strandkörben saß und sich Kellner:innen zwischen den Reihen bewegten. Dass das ein Statement gegen Hygienemaßnahmen sein sollte, ist natürlich Blödsinn – er ist halt ein Künstler, der sehr unmittelbaren Kontakt zum Publikum braucht (ich war vor ca. 15 Jahren mal auf einem Konzert, wo Schneider für 10 Minuten hinter dem Vorhang verschwand, weil ein Zuschauer eine Flasche auf der Bühne abgestellt hatte). Da aber seit anderthalb Jahren keine „normalen“ Auftritte möglich sind, hätte man aber durchaus mit Einschränkungen rechnen und das im Voraus abklären können. Ungewöhnlich erscheint mir auch, dass Schneider Ausschank während der Show zugestimmt haben sollte. Nun hat er auf jeden Fall alle weiteren Konzerte der Strandkorb-Reihe abgesagt.
  • Am 21. Juli wäre US-Comedian und -Schauspieler Robin Williams 70 Jahre alt geworden. Man konnte das daran erkennen, dass in Sozialen Medien wieder viel Verklärendes zu lesen war. Williams, der sich 2014 selbst tötete, muss seitdem ja als Beleg der These herhalten, dass Comedy ja nur machen könne, wer insgeheim ein trauriger oder kaputter Mensch sei. (Ein Schluss, den zum Beispiel bei psychisch kranken Tragödiendichtern niemand zieht.) Einer, der ohne diesen Topos auskam, war Stand-up-Comedian Maxi Gstettenbauer, der Williams persönlich getroffen hat und auf Facebook ein unfassbar tolles Foto teilte.
  • In other news: Der Veranstaltungskonzern CTS Eventim (der Tickets vielfach nicht ausdrucken lässt, sondern für 4 Euro 90 per Post versendet) hat 102 Millionen Euro Coronahilfen bekommen. Ja, natürlich zurecht. Aufregen kann man sich darüber höchstens von einer moralischen Position aus. Ich wünsche mir manchmal nur, dass das Geld bei der Unterstützung regional verankerter und nachhaltigerer Kleinkunst wenigstens ein Hundertstel so locker sitzen würde wie bei der Unterstützung der Wirtschaft.

Schautipp: Sketch-Comedy von Simple Town

sketch comedy von simple town

Simple Town sind eine Impro-Comedy-Gruppe aus New York, die auf Youtube kurze Sketche veröffentlicht. Die haben Drive, die sind anders, die sind teilweise richtig abstoßend. Zum Einstieg lohnt sich ein Clip über ein ekelerregendes Streichquartett.

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