- Mirco Nontschew ist tot. Der Entertainer aus RTL Samstag Nacht, Comedian und einfach sehr körperbetonte lustige Mensch wurde nur 52 Jahre alt. Gute Nachrufe sind Mangelware, die Süddeutsche Zeitung hat aber zum Beispiel einen. Das deutsche Internet quoll einige Tage über vor Dankesbotschaften, Beileidsbekundungen und alten Nontschew-Clips. (Ich empfehle diesen hier, weil er zeigt, wie explosiv und gleichzeitig minutiös kontrolliert Nontschew war.)
Eine mysteriöse Anekdote erzählte vor einigen Monaten Atze Schröder im Podcast Hotel Matze. Nämlich habe in den 1990er Jahren ein berühmter US-amerikanischer Entertainer Nontschews unglaubliches Talent erkannt und ihn sofort für eine große Tournee gewinnen wollen. Nontschew sagte ab, da er sich lieber auf seine Karriere als Musiker konzentrieren wollte. Ich konnte diese Geschichte bislang nicht verifizieren, also falls jemand von euch einen heißen TIpp hat: Gerne her damit! Ansonsten ist das wohl der erste Baustein an der Legende Nontschew.
- Teile der Berichterstattung über Luke Mockridge im Spiegel („Die Akte Mockridge“) waren unzulässig, hat das Landgericht Hamburg entschieden, wie unter anderem DWDL berichtet. Mich hat das zunächst verwundert, denn im Spiegel-Artikel wurde nicht spekuliert, sondern klar benannt, was im Fall bekannt ist und auch erklärt, warum die Ermittlungen gegen Mockridge eingestellt wurden. Aber die Ermittlungen wurden eben eingestellt, darum ist nach dem Landgericht das Berichten unzulässig. Nicht berührt von einer einstweiligen Verfügung sind die Vorwürfe anderer Frauen aus dem Artikel, wie ein Sprecher des Landgerichts Setup/Punchline gegenüber bestätigt hat. Der Spiegel hat trotzdem erst einmal den kompletten Artikel offline genommen und ferner angekündigt, gegen das Verbot vorgehen zu wollen.
- Ich hatte vor ein paar Monaten einen Artikel geschrieben, wie sich Comedy unfreiwillig mit der Sache der Neuen Rechten gemein machen kann. In einem aktuellen Artikel in der Süddeutschen Zeitung lässt Autor Peter Laudenbach einen Experten den dahinterliegenden Gedanken knapp und prägnant erläutern:
„AfD-Abgeordnete, die verlangen, dass beispielsweise dem Berliner Maxim-Gorki-Theater Gelder gestrichen werden, sind nicht die gleichen Personen, die Morddrohungen an die Intendantin schicken oder Vorstellungen stören. „Aber die unterschiedlichen Akteure verschaffen einander den Eindruck von Legitimation“, analysiert der Rechtsextremismusforscher Heitmeyer. Er nennt das „Legitimationsbrücken“. Sie tragen zur Verschärfung der Eskalation und Stabilisierung der rechten Aggression bei.„
- Der US-Comedian Drew Michael hat mit Red Blue Green ein experimentelles Special vorgelegt (wieder mal). Bei Vulture hebt Kathryn Van Arendonk die Bedeutung von Hannah Gadsbys Nanette als Folie für RBG hervor: „[RBG] is valuable because we know Nanette; it is underwhelming because we know Nanette.“ Eine interessante Perspektive nimmt der Comedian Dave Maher auf Twitter ein: Er äußert zarte Kritik an der weit verbreiteten Fixierung auf Gadsbys Werk, die auch in Van Arendonks Rezension zum Ausdruck kommt. Denn: Wer nur einen Hammer hat, sieht überall Nägel. Wer nur Nanette kennt, hält es schnell für das Maß aller Dinge. Und wenn es auch sehr, sehr gut sei, aber zum Beispiel vom Fringe Festival im schottischen Edinburgh sei man eben noch Experimentelleres und Mutigeres gewöhnt.
- US-Comedian Kyle Kinane gab auf Twitter einen Einblick in seine Einkünfte aus Streamingdiensten. Kinane ist nicht superberühmt, aber zurzeit sicherlich einer der bekanntesten Comedians in den USA. Umso mickriger nehmen sich die Summen aus. Zumal Spotify Ende November wegen juristischer Unklarheiten einige Comedyalben aus der Bibliothek warf (siehe die letzte Ausgabe), fügte sich Kinanes Post nahtlos ein in die Erzählung vom bösen Internetkonzern, der Comedians noch nicht einmal die kärgsten Almosen gönnt. Warum man es sich damit ein bisschen zu einfach macht und bestimmte Leute ganz froh sind, immer auf Spotify als Buhmann verweisen zu können, erklärt Sean McCarthy in seinem Newsletter.
- Zwei Rezensionen bei DWDL sind mir aufgefallen: Einmal zur Comedy-Märchenstunde auf Sat.1, die Timo Niemeier für eine „völlig überdrehte, witzig gemeinte aber nur selten lustige“ Show hält. Und dann noch eine über die neue Sendung von Mai Thi Nguyen-Kim (MaiThink X), die in die Falle tappt wie schon Aurel Original, nämlich gute, handfeste Inhalte, unbedingt in Comedy kleiden zu wollen.
- Comedians mit englischen Sets können sich gerade beim Berlin New Stand-up Award anmelden. Der Wettbewerb findet im Frühjahr statt.
Schautipp: Comedydoku aus Alaska
Die Comedydoku über eine lokale Szene ist inzwischen schon eine eigene Kunstform geworden. (Im vergangenen Jahr auch mit Fokus auf Corona und Outdoor-Shows.) Oft ist das gar nicht mal so spannend. Hier aber schon, nicht nur wegen der exotischen Lage, aber auch: In Why Not geht es um ein Jahr in der Szene in Anchorage, Alaska. Hier geht’s zur Doku auf Youtube.
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