- Tiktokker oder Instagrammer, die leidlich Stand-up machen, aber wegen ihrer Reichweite schnell durch alle Sendungen ziehen, sind ein Thema, das nicht nur die deutsche Szene umtreibt. Comedienne Janine vom Olivenbaum, seit sieben Jahren im Geschäft, beschreibt auf Twitter, dass sie regelmäßig Absagen von Comedyformaten erhalte, während dort aber Newcomer mit kaum Erfahrung zu sehen seien. „Das bringt einem doch auch künstlerisch nix wenn einem nach 1 Jahr schon das Gefühl gegeben wird man wäre richtig gut“, schreibt vom Olivenbaum und hat damit natürlich recht, allerdings geht es bei der Positionierung von Influencern als Comedians ja weniger um künstlerische Entwicklung als darum, die Risiken von Investments beherrschbar zu halten. Comedian David Grashoff nennt es die „Tiktokisierung der deutschen Comedy“, die uns vermutlich auch die kommenden Jahre begleiten wird.
- Passend dazu der Eingangssatz dieser kleinen Besprechung des britischen Stand-up-Doku-Formats Backstage With Katherine Ryan im Guardian: „Is there anything connected to comedians that TV viewers wouldn’t watch these days?“
- Das ZDF zeigt in den kommenden Wochen (und in der Mediathek) Auszüge des Comedy for Future Festivals. Hier steht mehr zum Programmplan.
- Die US-amerikanische Comedienne Mo’Nique ist gegen Netflix vor Gericht gezogen, weil der Streamer die Verhandlungen um ein Special abgebrochen hatte, nachdem (schnauf) die Künstlerin das erste Angebot abgelehnt hatte. Klingt eigentlich nach konventioneller Verhandlungstaktik, trotzdem folgte der Richter aber in Teilen der Argumentation der Comedienne, wonach das eher als Bestrafung einer Schwarzen Frau aufzufassen sei. Nun haben sich die Parteien verglichen. Den Fall findet man prägnant zusammengefasst beim Hollywood Reporter.
SPECIAL-EMPFEHLUNG: Janeane Garofalo: HBO Comedy Half Hour (1995)
Mitte der 90er lief in den USA die Zeit der hacky comedy des Booms des 80er Jahre aus, auch weil alternative comedians wie Garofalo die Bühne betraten. „I got mugged and they got my knapsack with my comedy notebook in it. So if anybody sees two cholos bombing at the Funny Bone chain, that would be them.“ Kann ich mich regelmäßig drüber beömmeln.
- Ashley Davies gibt bei Chortle wertvolle Tipps: How to pitch to arts journalists at the Edinburgh Fringe – selbst wenn man mit dem Fringe-Festival nichts zu tun hat, lohnt es sich das umzusetzen. (Und manch Journalist wird es euch danken.)
- Der afghanische Youtuber Ajmal Haqiqi ist von den Taliban festgenommen worden, weil er in einem Sketch Koranverse vorlas, wie die FAZ berichtet. (Vielleicht unfreiwillig komisch dabei: Haqiqis Video zeigen laut der Autorin unter anderem „die in der Comedy üblichen Pointen“. Ich bitte um Aufklärung, was das ist.)
- Der Guardian porträtiert das US-Satireduo The Good Liars, die sich seit ein paar Jahren regelmäßig irgendwo einschleusen und Leute wie Donald Trump oder den Chef des Waffenverbands NRA bloßstellen. Weil sie das (schon aus Sicherheitsgründen) nicht aus einer auffälligen moralisch erhobenen Position tun, ist das ziemlich erfrischend.
Lesetipp: Zynischer Nonkonformismus
Johannes Franzen schreibt bei 54 Books über „das Geschäftsmodell des mutigen Nonkonformisten, dern den uniformierten Zeitgeist herausfordert“. Er zieht eine Linie vom Krawallkolumnisten unserer Zeit bis zum Schriftsteller Botho Strauß – der Artikel könnte genauso gut aber von Faisal Kawusi oder Lisa Eckhart handeln. Mit einigen interessanten Gedanken, z. B dem, „dass ein Mangel an intellektueller Tiefe durch die Simulation einer stilistischen Tiefe ausgeglichen werden muss“. Zum Artikel
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