Comedy-Presseschau vom 25.03.21

(Foto: Museums Victoria on Unsplash)
  • Die Macher der englischen Berliner Show Cosmic Comedy übernehmen das Kookaburra, einen der wenigen Comedyclubs im Land. Comedian und Journalist Drew Bulkeley erklärt bei der Berliner Zeitung die Hintergründe.
  • Das älteste, noch existierende Satiremagazin der Welt gibt’s, natürlich, in der Schweiz. Der Nebelspalter wurde 1875 gegründet und hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Der Nebi war immer weniger ätzend als lieb, aber grundsympathisch. Seit einiger Zeit fürchten Satirefreunde das Schlimmste: Eine Investorengruppe um den ultrarechten Journalisten Markus Somm hat den Nebi gekauft. Somm kann man wohl als eine Mischung aus Ulf Poschardt und Ken Jebsen bezeichnen. Bei der Schweizer Republik gibt es ein sehr langes Interview mit Somm über die künftige Ausrichtung des Magazins. Der Journalist wird unter anderem gefragt, ob es bürgerlichen Humor überhaupt gibt. Er antwortet:

    „Ich glaube schon. Weil Humor Waffe gegen Macht ist – und da ich der Meinung bin, die Linken sind in sehr vielen Institutionen dominant, nicht in allen, aber in vielen, gibt es Bedarf.“

    Zur Erinnerung: In der Schweiz dürfen Frauen seit 1971 wählen. Außerdem hat das Land jüngst ein Burkaverbot beschlossen, obwohl es dort so gut wie keine Burkaträgerinnen gibt. Aber aber aber! Der böse linke Meinungs-Mainstream! Diesen ewiggleichen Quatsch müsste mal ein Satiremagazin thematisieren. Der Nebi wird es leider nicht sein.
  • Auch Jason Zinoman bespricht bei der New York Times das neue Special (bzw. alte, stammt die Aufnahme ja von 2019) von James Acaster. Es ist halt einfach auch sehr, sehr gut. Kathryn Van Arendonk widmet sich bei Vulture dem neuen Special von Nate Bargatze, das ich leider noch nicht gesehen habe.
  • Comedian Kurt Krömer hat in einem Interview im Tagesspiegel seine Depression öffentlich gemacht. Ein guter Schritt in Richtung Normalisierung. Zu hoffen wäre, dass wir irgendwann auch die Romantisierung psychischer Erkrankungen überwinden, die im selben Gespräch der Interviewer Markus Ehrenberg noch betreibt: „Diese Art unglückliches Bewusstsein kann auch eine Triebfeder von Kreativität sein.“ Brrrr.
  • Der britisch-australische Komiker Tim Minchin schießt scharf gegen Ticket-Weiterverkäufer wie Viagogo. Diese Plattformen verknappten die Kartenkontingente und trieben so die Preise nach oben. „NEVER buy tickets from Viagogo or other resale sites“, schrieb Minchin auf Twitter. Ob der Vorwurf in diesem konkreten Fall berechtigt ist, ist unklar. Unstrittig ist, dass in der Ticketingbranche viel verkehrt läuft. (Das weiß jeder, der schon einmal Gebühren dafür bezahlt hat, seine Tickets zu Hause selber auszudrucken.)
  • Vulture empfiehlt The 15 Best Books About TV Comedies. Mir wird ja in solchen, zumal US-amerikanischen Publikationen eine Messerspitze zu viel Puderzucker über das Showbiz gestreut, das ja auch ein toxic workplace ist. Trotzdem interessante Anregungen.
  • In der Süddeutschen Zeitung schreiben seit 2015 geflüchtete Menschen über ihre Eindrücke aus Deutschland. Ich habe die betreffenden Kolumnen zeitweise aus den Augen verloren, aber jetzt, anlässlich einer Ausgabe über Humor in Bayern und Syrien, freudig wiederentdeckt und dabei gelernt: Die Homser sind die Ostfriesen Syriens.

Lesetipp: The Opener

the opener von fran hoepfner

Die New Yorker Autorin Fran Hoepfner hat The Opener geschrieben: eine Kurzgeschichte über eine junge Stand-up-Comedienne, die mit ihrem alten Idol auf Tour geht, das sich nach Gerüchten über sexual misconduct an einem Comeback versucht. Im Mittelpunkt immer die Frage: Ab wann wird man complicit? Der fiktionale Charakter lässt Hoepfner das moralische Dilemma von allen Seiten ausleuchten.