Comedy-Presseschau vom 22.04.24

  • Andrej Ivanov hat den Berlin New Stand-Up Award 2024 gewonnen. Veranstalterin Caroline Clifford berichtet in ihrem Newsletter von Einsichten, die sie in fünf Jahren Wettbewerb gewonnen hat, unter anderem: „Vunerability, charisma, originality and great jokes win every time.“
  • „Auch Satire von rechts ist zulässig“, schreiben manche Medien, weil Kabarettistin Monika Gruber eine Passage aus ihrem Buch nicht streichen muss (FAZ, die Legal Tribune Online ordnet kundig juristisch ein). Und Grubers Anwalt glaubt, das Landgericht Hamburg habe nun auch nochmal verdeutlicht, was Satire dürfe und ausmache. Wäre ich Anwalt, würde ich natürlich auch sagen, dass ich ständig für wichtige ideelle Güter kämpfe. Aber man muss das alles auch nicht ganz so hoch hängen. Das Gericht hat halt über einen kleinen und recht klaren Fall entschieden. Und ja, die Satire von Gruber war zulässig. Über die Qualität der Einlassungen über Veganer oder „tantrisches Chakren-Turnen“ wurde keine Aussage getroffen. Über Qualität der Satire wird heutzutage weder vor Gericht noch in den Köpfen der Satiriker selbst verhandelt, mithin wahrscheinlich ein Hauptproblem der Satire heutzutage.
  • Der geschätzte Oliver Hochkeppel schreibt in der SZ über Kabarettpremieren in München und liefert en passant eine umfassende Klassifizierung aller Bühnenkunst. Die präsentiert sich nämlich „ob als subversive Stand-up-Comedy […], ob in der zwischen Kabarett, Comedy und Impro angesiedelten neuen Typen-Menagerie […] im klassischen Kabarettstil […] im experimentell-dramatischen Stil […] im bairischen Idiom […] als Physik-Kabarett […] oder als Politik-Reality-Show […]“ oder als „aktuell so angesagte, Fernseh-getriebene Comedy“. Fehlt nur noch die Comedy, die mit einem feinen Pinsel aus Kamelhaar gezeichnet ist. Jose Luis Borges hätt’s gefallen.
  • Thomas Röbke porträtiert im SZ-Magazin einen Warm-up-Comedian, von denen es in Deutschland angeblich nur neun gibt. Wie ich finde, eine unnatürlich niedrige Zahl. Allein ich kenne bestimmt schon ein halbes Dutzend Comedians, die im Fernsehen Warm-ups gemacht haben. Womöglich bezieht sich das auf bei TV-Sendern fest angestellte Warm-upper.

Comedienne Florentine Osche

BIT-EMPFEHLUNG: Florentine Osche: Woke Leute

Witze über die angeblichen Massen an woken Menschen, die Deutschland zugrunde richten, mag ich an sich nicht mehr hören. Denn meistens werden dabei ja nur Pappkameraden beschworen, die allenfalls in der Fantasie der Comedians existieren. Auch Osche tut das – ein bisschen! Aber dann hat sie eben auch: eine Idee. Und das unterscheidet so einen Woken-Witz dann halt auch mal von denen aus dem Hause Gruber.

  • Das Just For Laughs im kanadischen Montreal, eines der wichtigsten Festivals für das Comedybusiness in Nordamerika, wurde für dieses Jahr abgesagt. Das Mutterunternehmen hat hohe Schulden und ist fast pleite. Jedoch: „Right now, it’s not immediately clear how the same pandemic and inflation problems that every other company in the world faced could cause a comedy festival to lose over $22 million“, fragt Keegan Kelly bei Cracked. Mehr Informationen über das (für mich) undurchsichtige Geflecht, wer hier wem Geld schuldet und wer bei wem noch im Aufsichtsrat sitzt, gibt es bei CP24.
  • Maxi Gstettenbauer und Alain Frei dröseln in ihrem Podcast Gut abgehangen einiges um den Deutschen Comedypreis auf, der von vielen immer noch für einen Preis gehalten wird, in Wirklichkeit aber ein Marketinginstrument bzw. ein eigenes inhaltliches Format ist.
  • Trump is America’s biggest comedian, schreibt Fintan O’Toole in der New York Review.„His badinage is hardly Wildean, but his put-downs, honed to the sharpness of stilettos, are many people’s idea of fun. For them, he makes anger, fear, and resentment entertaining.“
  • US-Comedian Jerrod Carmichael kritisiert Dave Chappelle für dessen Anti-Trans-Agenda,den daraufhin zahlreiche Kollegen verteidigen. Nicht totzukriegendes Argument, diesmal vorgetragen von Charlamagne Tha God: „Show Chappelle or any comedian grace because at some point, you will offend.“

Schautipp: Wie man Stand-up schreibt

Comedian Michi Mauder

Comedian Michi Mauder bespricht ein kurzes Set, das er für die Münchner Show „Daily Punch“ angefertigt hat. Die Show verlangt von ihren Teilnehmern Witze zu aktuellen Nachrichten. Knapper Einblick in einen Schreibprozess und in den Instinkt von Comedians, die Dinge sagen, die Leute zum Lachen bringen und die gar nicht immer Sinn ergeben müssen. Hier geht’s zum Clip

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